- Autonomes NervensystemBelastungskontrolleBurn-outErholungHerzratenvariabilitätHRVParasympathikusSympathikusTrainingssteuerungÜbertraining
- All Posts
- Ernährung
- Erholung
- Erholung

Mit drei Minuten täglich zu mehr Kraft, Konzentration & Regeneration
Ungefähre Lesedauer: 4 Minuten
Ab dem 22. Tag unseres Lebens entsteht der Impuls für den Rhythmus, der uns durch unser gesamtes Leben begleitet − der Herzschlag. So wie die Augen der Spiegel zur Seele sind, stellt unser Herz das Tor zu unserer Vitalität dar.
Neben einer lebenslangen, wartungsfreien Funktion ist das Spektrum, mit welchem unser Herz in der Lage ist, das Blut durch unseren Kreislauf zu pumpen, äußerst bemerkenswert: In Ruhe schlägt unser Herz mit ca. 60 Schlägen pro Minute (S/min). Im Schlaf reduziert sich die Herzfrequenz auf bis zu 45 S/min. Sind wir maximal aus belastet, erreicht unser Herz eine individuelle maximale Frequenz von ungefähr 200 S/min (Faustregel: 220 S/min – Lebensalter) und bei körperlichen Beschwerden wie bspw. Atemwegserkrankungen lässt sich eine erhöhte Ruhefrequenz feststellen.
Neben der autonomen Herzfunktion ist es auch möglich, die Herzfrequenz (HF) bewusst, also willentlich zu beeinflussen – dies wissen wir nicht erst seit James Bond aus dem medizinischen Fachbereich des MI6 fliehen musste (in Die Another Day täuscht er seinen Herzstillstand vor). Zugegeben ziemlich übertrieben, aber es gibt medizinische Berichte, die zeigen, dass Personen den Herzschlag für 5s bewusst unterbinden konnten. Durch tiefe und lange Atemzüge ist man selbst in der Lage die HF zu reduzieren. Probier es mal aus: Langsam tief einatmen und ebenfalls langsam durch die zum Kussmund geschloßenen Lippen ausatmen (ca. fünf Sekunden je Vorgang; 12 x Wiederholen).
Ein Blick hinter unsere Kulissen
Im alltäglichen Leben müssen wir hoffentlich ziemlich selten unseren Tod vortäuschen, jedoch ist das Thema Return to Play (zu Deutsch „Wieder ran an die Arbeit“) nach einem Infekt aufgrund der möglichen potenziellen Komplikationen (z.B. einer Herzmuskelentzündung) eine nicht zu vernachlässigende Gefahr. Auch andauernder psychischer und physischer Stress in Folge eines gestörten Ausgleichs von Belastung und Erholung können schwerwiegende negative Folgen für unsere Gesundheit haben (vgl. Burn-out, Übertraining), bei dem wir uns nicht einzig auf unser Körpergefühl verlassen können. Wenn wir merken, dass wir krank werden oder es bereits sind, ist es meistens schon zu spät, mit geeigneten Maßnahmen gegenzusteuern. Wie wäre es also, wenn wir schon im Vorfeld wüssten, ob uns die Belastungen der letzten Zeit überfordern, sich eine Grippe anbahnt oder wieder voll belastbar sind?
Die Herzfrequenzvariabilität (kurz HRV; engl. Heart Rate Variability)
Unter HRV wird der zeitliche Abstand (in ms) zwischen zwei maximaler Ausprägungen von aufeinander folgenden Herzschlägen verstanden:
Beispiel: Herzschlag 1 … | ZEIT 1 | … Herzschlag 2 … | ZEIT 2 | … Herzschlag 3 … | ZEIT 3 | … usw…).
Das zunächst Paradoxe daran ist, dass sich die Zeitintervalle (im Beispiel ZEIT 1, ZEIT 2, ZEIT 3) im Idealfall möglichst stark voneinander unterscheiden sollen. Je gleichmäßiger das Herz also schlägt, desto weniger erholt bzw. desto mehr beansprucht ist es.
Um die HRV zu erfassen, gibt es zwei Hauptverfahren, mit welchen ich dich, lieber Leser, hier jedoch nicht langweilen möchte: 1. Elektrokardiogramm (EKG), 2. Photoplethysmographie (EPP).
Wichtig: Je genauer die HF abgetastet werden kann, desto genauer ist auch die Erfassung der maximalen Ausprägung uns somit die spätere Analyse der Daten. Mittlerweile sind in den meisten höherpreisigen Smartwatches und Wearables standardmäßig die Erhebung und Analyse der Daten inbegriffen. Diese Ergebnisse und Interpretation der Daten unterscheiden sich jedoch aufgrund der verwendeten mathematischen Verfahren.
Klarheit über die Tagesverfassung in nur drei Minuten
Für die Trainingssteuerung stellt die Erfassung der psychischen und physischen Verfassung nach oder vor dem Training ein wichtiges Kontrollelement dar. In meiner Zeit als Athletiktrainer für die deutsche Nationalmannschaft der rhythmischen Sportgymnastik haben wir die HRV der Athletinnen berücksichtigt, um die Intensität der Trainingseinheiten zu bestimmen.
Doch auch für den Alltag kann ein regelmäßiges HRV-Screening eine Entscheidungshilfe sein. So kann bspw. der spontan eingelegte Home-Office-Tag genutzt werden, um einer bevorstehenden Erkältung entgegenzuwirken.
Die Verwendung erweist sich im Alltag als barrierefrei: ein Brustgurt, angelegt in einer halb-liegenden Position, direkt nach dem Erwachen, dazu ein normaler Atemrhythmus für 180 bis 300 Sekunden. Danach erhält man neben der Bewertung der körperlichen Verfassung und Vorgaben für Kraft- & Ausdauertraining, ebenfalls eine Einschätzung des biologischen Alters.
Tägliche Datenerhebung der Herzratenvariabilität:
- am morgen direkt nach dem Aufwachen
- als Letztes vor dem Einschlafen
Carrasco-Poyatos M, González-Quílez A, Altini M, Granero-Gallegos A. Heart rate variability-guided training in professional runners: Effects on performance and vagal modulation. Physiol Behav. 2022 Feb 1;244:113654.
Li K, Cardoso C, Moctezuma-Ramirez A, Elgalad A, Perin E. Heart Rate Variability Measurement through a Smart Wearable Device: Another Breakthrough for Personal Health Monitoring? Int J Environ Res Public Health. 2023 Dec 6;20(24):7146.
Lundstrom CJ, Foreman NA, Biltz G. Practices and Applications of Heart Rate Variability Monitoring in Endurance Athletes. Int J Sports Med. 2023 Jan;44(1):9-19.